Das Dojo Kisaki Karate-Do Münster hatte zum Karate-Do Lehrgang eingeladen – als Referenten konnte das Team Uli Heckhuis, Jürgen Kestner und Judith Niemann gewonnen werden. Die beiden Herren waren bereits zum zweiten Mal gemeinsam als Lehrgangsleiter vor Ort, Judith hatte ihren ersten Lehrgangseinsatz im eigenen Dojo.
Aus 19 verschiedenen Dojos kamen ca. 50 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zum Lehrgang. Manche hatten Anreisewege von über 180 km Entfernung auf sich genommen, Eine Teilnehmerin sogar über 400 km. „Das tolle Feedback, das wir aus den Vereinen bekommen haben zeigt uns, dass wir hier ein passendes Angebot hatten“, so Dojoleiter Matthias Hagedorn. „Obwohl unterschiedliche Bereiche der Kampfkunst Karate angesprochen wurden, waren die Parallelen und Schnittmengen sehr gut aufeinander abgestimmt. Dankbar sind wir auch für die Unterstützung des GKD“.
Das dem Lehrgang zugrunde liegende Ziel der Veranstaltung war, verschiedene, scheinbar parallele Teilgebiete der Kampfkunst GOJU-Ryu beleuchten und miteinander zu verzahnen. Die neue Lehrgangskonzeption kam bei den Teilnehmenden sehr gut an.
Teilbereiche eines großen Ganzen
„Wir verstehen die Bereiche Kihon, Kata, festgelegte Partnerformen und Selbstverteidigung als Teile des Ganzen, nämlich der Kampfkunst Karate-Do“, erklärte Uli Heckhuis (9. Dan). So legte Judith Niemann (6. Dan) die thematische Basis und ging in ihren Einheiten auf Impulsgebung in Kihon und Kata. „Häufig spult man das Kihon so ab, sieht es als Fitness- oder Ausdauereinheit oder schlimmstenfalls als notwendiges Übel im Training“, so Judith. „dabei lernt man gerade hier, genau wie in der Kata, wie man schnell aus einer Position heraus und in eine neue hineinkommt. In der Kata wird dann Spritzigkeit und „scharfes“ Kime verlangt, manchmal auch ein eher kraftbetontes, „wuchtiges“ Kime. All diese Aspekte muss ich verinnerlicht haben und blitzschnell auch in einer Kampfsituation abrufen und anwenden können. Nicht identisch wie in der Kata, aber wenn ich im Kata-Training gelernt habe, blitzschnell die notwendige Entschlossenheit umzusetzen, dann habe ich es leichter, im Partnertraining oder in einer Kampfsituation meinen Körper ins Kime zu bringen“, führt sie weiter aus. So wird das Kihon- und Kata-Training zum Werkzeugkasten für effektives Karate.
Go no Sen bis Sen Sen no Sen
Uli Heckhuis wandte sich dem Bereich der Kumite-Ura und Nagetechniken zu. Kumite-Ura und Nage-Waza gehören zu den festgelegten Kampf-Formen, also noch zu den Ausbildungsformen. Er ging in seinen Einheiten auf das Prinzip des „Tai Sabaki“ (Ausweichen des gegnerischen Angriffs) ein. Ganz besonders ging es ihm um die unterschiedlichen Impulsgebungen sowohl in den Ausweichbewegungen, als auch in Block- und Kontertechniken.
„Wir unterscheiden zwischen Go no Sen, Sen no Sen und Sen Sen no Sen“, so Uli. Dabei bedeutet Go no Sen, den gegnerischen Angriff erst zu blocken, bevor eine Kontertechnik folgt. Im Sen no Sen kommt der Angriff des Gegners nicht zur endgültigen Ausführung. Er wird direkt gekontert oder gleichzeitig geblockt und gekontert, während schließlich im Sen Sen no Sen dem zu erwartenden Angriff des Gegners zuvorgekommen wird. „Mir ging es auch hier um die Impulsgebungen in der Fußarbeit. Wichtig ist mir hierbei vor allem, dass die Karateka in Bewegung bleiben – sowohl in einer Distanzverkürzung als auch nach der ausgeführten Kontertechnik“, erklärt er. „Ich finde, das wird im Buch von Hanshi Fritz Nöpel und Martin Nienhaus sehr gut auf den Punkt gebracht: ‚Wer in den Nahkampf geht, ohne vorher getreten, gestoßen und geschlagen zu haben, hat schon drei Fehler gemacht und damit drei wichtige Chancen auf den Sieg vergeben‘.“ (vgl. Nöpel / Nienhaus (2021): Meine Reise – ins Herz der Kata. S. 27)
Prinzipien und Positionierung in der SV
Jürgen Kestner (7. Dan) ist für seine realistischen Selbstverteidigungslehrgänge bekannt. Seine Wurzeln hat der 58-Jährige im GOJU-Ryu Karate-Do. Seine Schwerpunkte zog er aus dem oben genannten Buch „Ich hatte zwei Themenschwerpunkte für meine Teilnehmer – einerseits Prinzipien, wie gehe ich mit der Angriffsenergie des Gegners um, so wie es ab Seite 39 behandelt wird, und andererseits die Positionierung in der Auseinandersetzung, wie es ab Seite 40 erläutert wird“, erklärt Jürgen Kestner.
Der Themenbereich Prinzipien war wie bei Uli auf Sen no Sen, Go no Sen sowie Sen Sen no Sen aufgeteilt, im Themenblock der Positionierung ging es um die Tatsache, dass es entscheidend für den Kampfverlauf ist, wie man sich vor, während und nach einer Auseinandersetzung bewegt und positioniert.
Die Trainingsgruppen waren nach Graduierungen eingeteilt, die Kyugrade trainierten gemeinsam, außerdem gab es eine Gruppe von Dan-Trägern bis zum dritten, sowie eine Gruppe von hohen Dan-Trägern ab dem vierten Dan. Dies ermöglichte ein zielgruppen-angemessenes Training mit steigender Komplexität der Inhalte. Dies kam nicht nur den Teilnehmenden sondern auch den Referenten entgegen. Kestner: „Bei den hohen Dangraden habe ich zusätzlich „Trainerwissen“ in Form von Theorie, also eigene Analysen/Wahrnehmungen, und praktische Übungsformen wie schnelles Ausweichen und Kontern vermittelt“
Nach der langen Coronazeit tat es gut, wieder gemeinsam zu trainieren und sich in den Pausen auszutauschen.
J.Niemann / U.Heckhuis